2. PREIS: LESELOTSEN

Kultur & Spielraum
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"Mir hat bei den LeseLotsen gefallen, dass wir alle gemeinsam mitgearbeitet haben und dabei Spaß hatten. Wir waren viel in der Stadt, haben fotografiert und Szenen aus einem Buch nachgespielt, sogar einen Film gedreht. Wir wurden interviewt und konnten sagen, was uns am Lesen gefällt und was nicht. Zuerst wollte ich die LeseLotsen nur zwei, dreimal testen, aber dann wurde es gut und ich habe weiter mitgemacht. Es hat sich gelohnt." Muriz, 14 Jahre

 

PROJEKT


Lesen ist nicht "uncool", sondern mit dem Lesen und dem, was man in produktiver Rezeption von Texten ausdrücken kann, ist Eindruck zu machen? Raus aus dem Verständnis, Lesen allein als Technik zu begreifen, die Welt zu encodieren? Raus aus dem Vorurteil, nicht (gut) lesen zu können und „nur“ Hauptschüler zu sein? Raus aus der Schule, die Möglichkeiten für sich entdecken, die die kreative Beschäftigung mit Texten und Sprache bietet, dabei eigene Vorlieben und Fähigkeiten entwickeln und diese für Andere sichtbar machen ...

Das Projekt setzt auf die Bedeutung der Peer-Group für die Lesemotivation. Von KulturpädagogInnen und KünstlerInnen angeregt, finden SchülerInnen eigene Sichtweise auf Sprache und Texte und bereiten sie für Andere auf. Lesen wird nicht somit nicht mehr rein als Übung im Schulalltag gesehen, sondern als unabdingbarer Baustein in einem größeren Projekt: den LeseLotsen und damit ihrer Selbst. Beteiligt sind Jugendliche, für die die Beschäftigung mit Büchern von Haus aus nicht selbstverständlich ist oder Sprachbarrieren den Zugang erschweren. Lesefreude ist somit weniger Voraussetzung als Ziel des Zusammenkommens. Als AG-Angebot an der Schule wechseln im Laufe des Projektzeitraums immer wieder die Möglichkeiten hinsichtlich des Gestaltens und des Erlebens von Räumen: Schule, öffentliche Plätze als Sozialraum der Schüler/innen, Museen, Kino, Buchhandlungen und -ausstellungen, Bibliotheken, KiKS-Auftakt als öffentlicher Präsentationsort des selbstentwickelten Hörspiels. Es kommt zu Begegnungen mit Menschen in ihrer Passion und Profession: MitarbeiterInnen in genannten "Buch-Institutionen", Autoren und anderen Künstlern kultureller Sparten.

Die Herrangehensweisen ist  explorativ, experimentell, spielerisch etc. und bedient sich des Methodenrepertoirea der gewählten Sparten der Kulturellen Bildung. Rezeption (Sprache und Text, in ihren medialen Adaptionen und alltäglichen Nutzungskontexten), Produktion (Buch, Fotografie, Film, Hörspiel, Handwerk), Dokumentation (Reflexion für sich, Information anderer) und künstlerischem Ausdruck (Eigenwert für sich und an sich ) werden zur Einheit gebracht.
Ausgangspunkt aller Beschäftigung ist das Lesen, die Sprache und die Bücher – und die Themen, Präferenzen und der Alltag der Jugendlichen, die es miteinander zu verbinden und stetig gemeinsam auszuhandeln und aufs Neue zu überprüfen gilt. Regelhaft in aller Vielfalt ist die zeitliche Verortung, die Rückbindung an die Schule als Ausgangspunkt der Aktivitäten und als Präsentationsfläche für die Ergebnisse der LeseLotsen (u.a. Buchtipps auf Bierdeckeln / Verteilaktion, stetige Stellwand mit wechselnden Plakaten und Fotocollagen, Organisation eines Lesefests, Abschlusspräsentation mit Filmvorführung und Übergabe einer Bücherstele) sowie die freiwillige verbindliche Teilnahme.

Ziel ist es, SchülerInnen für den Umgang mit Büchern, Sprache und Inhalten zu begeistern Persönlichkeitsentwicklung zu fördern durch Erfahren von Selbstwirksamkeit, Arbeits- und Gruppenprozessen und Akzeptanz von Gleichaltrigen Beitrag zur Lesekultur an der Schule zu leisten LeseLotsen wurde von Kultur & Spielraum München an der Hauptschule Simmernstraße in München. Als wöchentliche Nachmittags-AG, 3 Zeitstunden im Schuljahr 2009/10 auf freiwilliger verbindlicher Basis und Empfehlung der Lehrkräfte durchgeführt mit Hilde einer 100 % Förderung durch die SWM Bildungsstiftung München. 7 Schüler/innen der 7ten Klassen (12-15 Jahre) mit Förderbedarf in den Teilleistungsbereichen Lese- und Sprachkompetenz bei wöchentlichen Treffen der AG als LesLotsen und ca. 120 Schüler/innen (5.-8. Klasse) waren als Adressaten der Aktivitäten der LeseLotsen am Projekt beteiligt.

 

TRANSFER


Für Schüler/innen, für die das Lesen, die fließende Verwendung der (deutschen) Sprache oder der Umgang mit Büchern nicht als Selbstverständlichkeit erfahren wird, bleibt das Lesen oftmals an den Schulkontext gebunden und wird häufig mit Erlebnissen von Frustration und Ängsten verbunden. Es scheint von daher dringend geboten, Bezugspunkte und Identifikationsanlässe außerhalb der Schule für eine weitestgehende Sprach- und Leseförderung der Kinder und Jugendlichen zu nutzen und diese sinnvoll mit den schulischen Lernsituationen zu verknüpfen. Kulturpädagogische Einrichtungen und Jugendkunstschulen sind hervorragend dazu geeignet, Projekte wie dieses in ihre Programmatik zu integrieren und sich den Schulen als verlässliche Partner zur Förderung der Sprach- und Lesesozialisation anzubieten.


Die besondere Betonung impliziten und informellen Lernens sowie Aspekte der Selbststeuerung kulturellen Lernens im Projekt, durch die Jugendlichen selbst, verweist auf eine kooperative Projektstruktur: Eine Schule, deren Mitarbeiter/-innen sich einem Projekt wie diesem neugierig öffnen, seinen formalen Kontext sichern und die Rückbindung der Projektergebnisse ermöglichen; eine kulturpädagogische Einrichtung, deren Mitarbeiter/-innen über eine hinreichende Vernetzung im Bereich der lesefördernden Einrichtungen und Buchmenschen verfügt, handwerkliches und künstlerisches Know-how garantiert und dem (sprachlichen) Eigensinn von Kindern und Jugendlichen Raum gibt.


Die Übertragbarkeit der Erfahrungen mit dem Projekt LeseLotsen auf eine ähnliche Kooperationsarchitektur war Teilaspekt und Kriterium bei der Entwicklung des Konzepts. Sowohl die formale Konstellation (verbindliche AG an der Schule auf freiwilliger Basis in Trägerschaft einer kulturpädagogischen Einrichtung; Verortung in der Schule und außerhalb der Schule), Lernsettings und methodische Vorgehensweisen sind nachvollziehbar und fachliche Standards von vielen kulturpädagogischen Einrichtungen zu gewährleisten.


Ein Projekt wie die LeseLotsen, ließe sich auch im gebunden Ganztag, z.B. im rhythmisierten Ganztag mit geteilter Zuständigkeit (Schule, kulturpädagogische Einrichtung) durchführen.

 

BEGRÃœNDUNG DER JURY

Mit "LeseLotsen" gelingt es "Kultur & Spielraum", das Lesen aus dem Kontext des schulischen Scheiterns für vermeintlich leseschwache Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse einer Hauptschule herauszulotsen. Mit vielfältigen Aktivitäten um Sprache, Sprechen, Literaturrecherchen, Lesen, Vorlesen und Zuhören platzieren die InitiatorInnen Texte sinnvoll im persönlichen Alltag der Jugendlichen.  "Rauskommt!" ein kreativer und vielfältiger Umgang mit Sprache und Lebensalltag. "Rauskommen!" eine neue Lust am Lesen, an Informationen und Geschichten und die Motivation zur Weitergabe dieser Begeisterung an die nächste Gruppe von Schülerinnen und Schülern im Patenschaftsmodell des Projekts.