3. Preis: Heimat Re-invented

MuKuTaThe - Werkstatt für Musik, Kunst, Tanz, Theater e.V.
/// www.mukutathe-werkstatt.de /// NRW

 

 



 

 

"Das ist schon was Besonderes. So ein Projekt bekommen wir ja nicht immer!" Mahir, 12 Jahre

"Für mich ist Heimat, wo meine Mutter ist und wo mein Papa ist." Justin, 11 Jahre

 

PROJEKT


Die Werkstatt für Musik, Kunst, Tanz, Theater e.V. und die MusikTriennale Köln haben zum ersten Mal ein partnerschaftliches Projekt auf die Beine gestellt, das nur für Förderschulen konzipiert wurde. Das war einmalig - ein Projekt, das besondere Bedingungen schaffte, auf die Förderbedürfnisse von Förderschulen einging, aber auch gleichzeitig durch die Einbindung in ein internationales Festival eine große Öffentlichkeit erreichte. Die Idee von "Heimat Re-invented" war es, Kindern und Jugendlichen unterschiedlichster Kulturkreise sowohl ihren eigenen Wurzeln als auch Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Kulturen entdecken zu lassen. In der intensiven Projektarbeit ging es in erster Linie darum, Antworten auf die Fragen: "Was bedeutet Heimat? Was bedeutet es für mich? Gibt es nur die eine Heimat oder mehrere? Kann ich meine Heimat selbst erfinden?" zu finden, und zwar auf kreative Art und Weise durch Musik, Kunst und Tanz. Die Kinder hatten die Gelegenheit, Raum und Zeit, den Begriff "Heimat" mit ihren eigenen Gefühlen und Erfahrungen, die sie bereits gemacht haben, zu füllen und dem ganzen einen künstlerischen Ausdruck zu geben.


Über 2 Monate lang, von Ende Februar bis Anfang Mai 2010, probten 76 Kölner Kinder und Jugendliche für ihren Auftritt im COMEDIA THEATER KÖLN bei der international renommierten MusikTriennale Köln 2010. Die Kinder tanzten, sangen, rappten, trommelten wie Profis ihre Ideen von "Heimat" oder ließen sie in Form von Animationsfilmen auf der Bühne real werden. Alle SchülerInnen im Alter von 8 bis 15 Jahren trainierten in mehreren Intensivphasen und wöchentlichen Workshops an ihrer Schule vor Ort miteinander, denn so war ein kontinuierliches Arbeiten und ein logisches Aufeinanderfolgen des künstlerischen Arbeitsprozesses möglich. Alle SchülerInnen hatten die Möglichkeit, je nach Interessenlage, sich für eine Kunstrichtung - Musik, Kunst oder/und Tanz - zu entscheiden. Das hatte eine positive Auswirkung auf ihr Engagement und ihre Begeisterungsfähigkeit. In der Projektvorbereitung wurde sehr auf die Integrierung des Vorhabens in die Schulstruktur geachtet. Das konnte durch die kompakte zeitliche Organisation des Projektes und die umfassende Unterstützung der Schule durch Lehrkörper und Schulsozialarbeit erreicht werden. Nur so war es möglich, eine nachhaltige Wirkung auf die Kinder zu erzielen. Bunt gemischt waren die Schülergruppen: Große, Kleine, Vorlaute und Stille, Kinder, die zu 80% aus Familien mit Migrationshintergrund kamen, z.B. aus Bosnien, Kosovo, Mazedonien, der Türkei, Italien, Marokko, Indien, dem Irak, Kurdistan und Albanien. Viele dieser Familien haben einen ungeklärten Aufenthaltsstatus. Weit mehr als die Hälfte der Kinder lebt von Harz IV. Die meisten von ihnen hatten noch nie ein Theater von innen gesehen oder auf einer Bühne gestanden. Wichtig war, dass die Kinder Freude am künstlerischen Ausprobieren hatten und eigene kreative Ideen entwickeln konnten.

Im Zentrum des Gemeinschaftsprojektes stand die Aktivierung des Zukunftsthemas und zwar, interkulturelle Musikpädagogik und kreativ-musische Projekte an Brennpunktschulen gemeinsam mit relevanten öffentlichen Kulturträgern zu entwickeln und umzusetzen. Die gemeinsame Entwicklung eines Education Programmes zugunsten von Kindern mit Migrationshintergrund und aus sozial schwierigen Stadtteilen sowie der Aufbau einer Partnervernetzung sollten vorangetrieben werden. Der entstandene Dokumentarfilm über das Projekt möchte über die Aufführung hinaus neue Partner für die Benennung einer Education-Line gewinnen. Das Projekt sollte eine Bewusstseinsbildung für die Belange und Lebenszusammenhänge von Schülern der Förderschule Lernen in der Öffentlichkeit schaffen und sie mit dieser Breitenwirkung gesellschaftlich sichtbar machen.

 

TRANSFER


Andere öffentliche Kulturträger mit hohen gesellschaftlichen Stellenwert und kulturpädagogische Einrichtungen oder Vereine können sich zusammentun und gemeinsam Ideen entwickeln, wie sie Menschen mit besonderen Förderbedürfnissen eine Teilhabe am kulturellen Leben ermöglichen können. Sie können ihre Ressourcen so effizient und effektiv gemeinsam verwenden, damit in Zukunft auch weitere Einrichtungen, die Menschen mit sozialen, sprachlichen oder lernbedingten Defiziten begleiten, eine Chance erhalten, Kultur zu schaffen - mit ihren Ideen und Gedanken auf kreative Weise durch Tanz, Musik oder Kunst.
Das Projekt soll anderen Förder- oder Hauptschulen Mut machen und zum Nachahmen anregen. Es zeigt, dass auch Förderschüler es schaffen, eine Bühneninszenierung zu erarbeiten, auf einer großen Bühne stehen und sich einem breiten Publikum präsentieren können, wie hier im Rahmen eines internationalen Festivals. 

 

 

BEGRÃœNDUNG DER JURY

"Wo ist mein Platz in der Gesellschaft" fragt das große Vernetzungsprojekt der Werkstatt für Musik, Kunst, Tanz, Theater gemeinsam mit 76 Schülerinnen und Schülern aus Förderschulen in einer multimedialen Bühnenpräsentation mit Kunst, Tanz und Musik und in Anbindung an die renommierte MusikTriennale Köln. Die 8- bis 15-jährigen Akteure sind nicht nur zum ersten Mal in Berührung mit eigenem künstlerischen Ausdruck sondern auch mit Kultureinrichtungen der Stadt wie dem COMEDIA Theater Köln gekommen. Der Einrichtung gelingt ein kluges Vernetzungs- und Kulturprojekt, das von der Unterschiedlichkeit der jungen Beteiligten und ihrer Sicht auf aktuelle und zukünftige Heimat lebt. "Rauskommen!" ist in dieser Hinsicht sowohl für die Kinder und Jugendlichen - geografisch und kreativ - gelungen als auch für die Einrichtung und ihre unterschiedlichen Kooperationspartner und in Form der besonderen Projektdimension.